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Themenzentrierte Interaktion (TZI) an unserer Schule? Ja, klar!

Unsere Lehrkräfte besuchen regelmäßig Fort- und Weiterbildungen.

Im Interview berichtet Herr Feiten (päd. Leitung) von seiner Weiterbildung in Themenzentrierter Interaktion (TZI) und deren Bedeutung an unserer Schule.

Redaktion: Herr Feiten, Sie haben sich über mehrere Jahre in Themenzentrierter Interaktion (TZI) weiterbildet. Was genau ist TZI?

Feiten: Das ist in der Tat keine ganz einfache Frage. Die TZI ist Ansatz, der von der Psychoanalytikerin Ruth C. Cohn entwickelt wurde. Nach den Erfahrungen des Holocaust und auch den Begrenzungen in der Indivualtherapie entwickelte sie einen Ansatz, mit dem das Arbeiten von Menschen in Gruppen (z.B. Teams, Schulen, der Wirtschaft) verstanden und gefördert werden kann.

2021 haben Ina von Seckendorff, Jai Wanigesinghe und David Steffen einen Film über Ruth Cohn und die von ihr entwickelte Themenzentrierte Interaktion (TZI) erstellt, der einiges auf den Punkt bringt.

Redaktion: Das hört sich alles sehr politisch an.

Feiten (lacht): In der Tat könnte man das meinen. Der brasilianische Pädagoge Paulo Freire sagt ja auch, der Lehrer sei Politiker und Künstler. Im Zusammenhang mit Schule geht es in der TZI jedoch oftmals ganz einfach auch um menschliche Bildungsprozesse.

Redaktion: Was genau nimmt die TZI hier in den Blick?

Feiten: Die TZI versteht Bildungsprozesse als ein „Sich-Auseinandersetzen“ mit einem Thema. Hierzu nimmt sie vier Faktoren in den Blick, die viele kennen:

– das Ich: also die einzelnen Individuen

– das Wir: also die Beziehungen und Interaktionen der einzelnen Ichs zueinander

– das Es: also die Sache bzw. den Gegenstand, um den es geht

– den Globe: also die von außen auf den Bildungsprozess Einfluss nehmenden Faktoren.

Ein wesentlicher Punkt der TZI ist, auf die Balance zwischen diesen vier Faktoren zu achten. 

Redaktion: Wie würde dies im Unterricht aussehen?

Feiten: Unterricht, der dies wichtig nimmt, achtet z.B. darauf, dass die einzelnen Ichs mit ihren Fragen und Anliegen Raum bekommen – es kann also keinen „Standard-Unterricht“ geben, in dem alle Ichs ohne ihre individuellen Zugänge „versorgt“ werden. Mit Blick auf das „Wir“ arbeitet die TZI mit Methoden, die das Miteinander fördern, aber auch selbst zum Thema machen. Hier gäbe es viel zu erzählen…

Herr Feiten spricht bei der Verleihung des TZI-Diploms zu Humor

 

Redaktion: Einige Kernsätze der TZI sind mittlerweile in die Alltagssprache übergegangen – zum Beispiel „Sprich per Ich und nicht per Man.“ oder „Störungen haben Vorrang.“

Feiten: Ja, was aber nicht immer zu mehr Verstehen der Sätze führt.

„Störungen nehmen sich Vorrang“ wird zum Beispiel oft derart missverstanden, dass jegliche Störung im Unterricht angesprochen und vorrangig gestoppt, getadelt oder sanktioniert wird.

Redaktion: Als pädagogischer Leiter sind Sie u.a. für die schulische Ausbildung der Referendar:innen zuständig. Können Sie uns am Beispiel des Satzes „Störungen nehmen sich Vorrang“ erklären, wie Sie hierzu arbeiten?

Feiten: Sehr gerne.

Störungen sind aus der Sicht der TZI recht normal. Wenn zum Beispiel eine Schülerin unter- oder überfordert ist, fällt es ihr schwer, sich auf die Sache („Es“) einzlassen. Ihr Lernen ist gestört.

Die Verantwortung für den Umgang mit dieser Störung liegt aus der Sicht der TZI bei der Schülerin – aber eben auch bei der Lerngruppe und bei der Lehrkraft!

Ein Unterricht, der einzelne Schüler:innen Ernst nimmt, ihnen die Möglichkeit zur Mitentscheidung (Partizipation) gibt und gemeinsam Lerninhalte auswählt, die dem Lerninteresse entsprechen, wäre hier eine Antwort. 

Ein einfaches Abwerten des Verhaltens der Schülerin oder gar einfache Sanktionen wären nicht der Weg der TZI.

An unserer Schule ist der Umgang mit Störungen in Unterrichtshospitationen immer wieder ein wichtiger Fokus für mich.

Redaktion: Wird die TZI denn auch selbst unmittelbar Unterrichtsinhalt?

Feiten: Ja, allerdings in Maßen.

In den Fachschulen und der Höheren Berufsfachschule Sozialassistenz ist sie zum Teil ein möglicher Inhalt.

Ich selbst unterrichte sie im Kontext der Berufsoberschule 2 im Fach Psychologie im Zusammenhang mit Humanistischer Psychologie.

Redaktion: Herr Feiten, vielen Dank für die Einblicke und Antworten.

Herr Feiten nach mehreren Jahren Fortbildung das Diplom in TZI erworben

Weitere Informationen zur TZI finden Sie hier: https://www.ruth-cohn-institute.org/was-ist-tzi.html