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Gedenken an die Massen­de­por­ta­tionen der Mainzer Jüdinnen und Juden 1942

In vielen Teilen der Welt wurde am 09. November 2022 der Progrom­nacht vor 84 Jahren gedacht. So auch in Mainz. In der neuen Mainzer Synagoge berührte die Sängerin Natasha Goldberg die dort Versam­melten mit dem Avinu Malkeinu, einem jüdischen Bittgebet, und dem El Malei Rachamim, einem Gebet zum Gedenken an die Opfer der Schoa. Die Mainzer Kultur­de­zer­nentin, Marianne Grosse, und die Vorsit­zende der Jüdischen Kultus­ge­meinde Mainz-Rhein­hessen, Anna Kischner, fanden eindring­liche und mahnende Worte.

Vor der Synagoge formierten sich die Menschen, ausge­stattet mit Kerzen oder Teelichten zu einem Schwei­ge­marsch mit dem Ziel der Rampe am ehema­ligen Güter­bahnhof. Organi­siert wurde der Marsch vom Verein für Sozial­ge­schichte Mainz e.V. in Koope­ra­tion mit der Stadt Mainz. Dieser führte zunächst zum Schulhof der Goethe­schule, in der heute ein Teil der Sophie-Scholl-Schule unter­ge­bracht ist. In der dortigen Sport­halle wurden damals die Menschen zusam­men­ge­trieben, entrechtet und ihres Eigen­tums endgültig beraubt. Dort warteten sie auf den Weiter­trans­port; immer noch in der Hoffnung, mit dem Leben davon zu kommen. Unsere Schüler:innen Florian, Jana, Ronja, Lidia, Angelique und Peter trugen Berichte von Lydia Pollack und Helmut Grünfeld, zwei Zeitzeugen, vor.

Die Zeitzeugen Lydia Pollak berichtet

Der Zeitzeuge Helmut Grünfeld berichtet

Worte des Gedenkens, Erinnerns und Mahnens auf dem Schulhof der Goetheschule

Worte des Geden­kens, Erinnerns und Mahnens auf dem Schulhof der Goethe­schule

Vom Schulhof machten sich die Teilnehmer:innen auf den Weg zum Güter­bahnhof. Dabei nahmen sie den Weg, den vor 80 Jahren auch die zu depor­tie­renden Jüdinnen und Juden gehen mussten; eine bedrü­ckende Vorstel­lung, die durch die zuvor gehörten Texte noch verstärkt wurde.

Am Güter­bahnhof wird zukünftig der „Gedenkort Depor­ta­ti­ons­rampe“ entstehen. Dort sind bereits die Namen, Geburts- und Depor­ta­ti­ons­daten sowie Depor­ta­ti­ons­ziele aller 1131 depor­tierten Mainzer:innen auf provi­so­ri­schen Leinwänden zu lesen.

Rabbiner Aharon Ran Verni­kovsky betete zum Schluss für die Opfer der Schoa.

Im Nachhinein fassten die Schüler:innen ihre Eindrücke noch einmal zusammen und folgerten:

„Die Gescheh­nisse der Progrom­nacht 1938 in Mainz waren entwür­di­gend und ein Verbre­chen an der Mensch­lich­keit. Die Taten einer menschen­ver­ach­tenden Diktatur entschieden das Schicksal vieler unschul­diger Menschen. Wir als Schüler:innen der Klasse FSS 21 BB b der Sophie-Scholl-Schule in Mainz bedanken uns dafür, an der Gedenk­ver­an­stal­tung teilnehmen und an die Gescheh­nisse mit unserem Beitrag erinnern zu können, die so niemals wieder passieren dürfen!“

Text: DAH/DEM



  • Die beiden Einfüh­rungs­texte stammen von Frau Dr. Hedwig Brüchert (Verein für Sozial­ge­schichte Mainz e.V.).
  • Der Zeitzeu­gen­be­richt von Helmut Grünfeld ist ein Auszug aus dem Buch:
    Helmut Grünfeld: Gerechte gab es nicht viele. Ein deutsch-jüdisches Überle­bens­schicksal in Mainz 1928–1945, hrsg. v. Erhard Roy Wiehn, Konstanz 1996, Auszug S. 22–29).
  • Das Inter­view mit Lydia Pollak, geb. Weishaupt, hat Frau Dr. H. Brüchert mit ihr am 8. Juni 2001 in Mainz während der letzten „Begeg­nungs­woche Mainzer Juden“ geführt.